Oskar Panizza

Das ehemalige Hotel ''Russischer Hof'' in [[Bad Kissingen mini|Oskar Panizza und Signatur (Datierung unbekannt) Leopold Hermann Oskar Panizza (* 12. November 1853 in Kissingen; † 28. September 1921 in Bayreuth) war ein deutscher Psychiater, Schriftsteller, Satiriker, Reformorthograph, Psychiatriekritiker, Religionskritiker und Publizist.

In seinen Schriften attackierte Oskar Panizza den wilhelminischen Obrigkeitsstaat, die katholische Kirche, sexuelle Tabus und bürgerliche Moralvorstellungen. Er nimmt eine Sonderrolle in der deutschen Literaturgeschichte ein: Der Einzelgänger der Münchner Moderne lässt sich nur unscharf zwischen Naturalismus und Expressionismus einordnen. Seine literarisches Umfeld war vom Naturalismus geprägt, die von ihm bevorzugte Erzählform war subjektiv und unkonventionell, häufig mit phantastischen Elementen, darin eher ähnlich manchen dem Expressionismus zugerechneter Autoren.

Panizzas Hauptwerk ist das 1894 erschienene und 1967 uraufgeführte satirische Drama ''Das Liebeskonzil'' – eine in der Literaturgeschichte beispiellose antikatholische Groteske, die dem Schriftsteller ein Jahr Zuchthaus einbrachte. Bedeutend sind daneben Panizzas groteske Erzählungen, in denen er Realistik und Phantastik verband. Im Schweizer Exil gab er von 1897 bis 1900 die Zeitschrift ''Zürcher Diskußjonen'' heraus, in der er individualanarchistische und radikal kirchenkritische Positionen vertrat. In den Beiträgen – nicht nur seinen eigenen – gebrauchte er dabei eine phonetische, leicht fränkisch getönte Privatorthographie.

Nach einer streng pietistischen Erziehung und einer von Leistungsverweigerung geprägten Schulzeit wurde Panizza Assistenzarzt in der Psychiatrie, wandte sich aber schließlich der Literatur zu und veröffentlichte nach einer Reihe zunehmend provokanter Schriften 1894 das heute als seine bedeutendstes Werk betrachtete Lesedrame ''Das Liebeskonzil'', das kurz darauf konfisziert wurde. Der Autor wurde wegen Gotteslästerung Gotteslästerung angeklagt und zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. Nach der Entlassung gab Panizza die deutsche Staatsangehörigkeit auf und ging ins Exil nach Zürich und, nachdem er dort ausgewiesen worden war, nach Paris. 1899 erschien sein letztes zu Lebzeiten gedrucktes Werk, der dem Schriftsteller Michael Georg Conrad gewidmete Gedichtband ''Parisjana'' mit einigen sich gegen den deutschen Kaiser Wilhelm II. richtenden polemischen Gedichten. Nach dem Erscheinen des Bandes wurde international steckbrieflich wegen Majestätsbeleidigung nach ihm gefahndet und sein gesamtes in Deutschland verbliebenes Vermögen beschlagnahmt. Dadurch verarmt, sah Panizza sich gezwungen 1901 nach Deutschland zurückzukehren, wo er verhaftet und psychiatrisch begutachtet, nach wenigen Wochen aber entlassen wurde. Er lebte dann bis isoliert und zunehmend seiner Umgebung entfremdet bis 1904 in Paris, kehrte dann von psychischen Problemen geplagt nach München zurück, wo er schließlich seine Einweisung in eine Nervenklinik provozierte. 1905 wurde er entmündigt. Nach 16 Jahren im Sanatorium Herzoghöhe starb er 1921 in Bayreuth.

Kein anderer Autor des wilhelminischen Deutschland – vielleicht Frank Wedekind ausgenommen – war so sehr von der Zensur betroffen, keiner wurde für seine literarischen Werke ähnlich hart von der Justiz verfolgt. Fast alle seine Bücher wurden schon kurz nach ihrer Veröffentlichung verboten und konfisziert, an eine Aufführung des ''Liebeskonzils'' war jahrzehntelang nicht zu denken und seine Familie weigerte sich, nach seinem Tod die Urheberrechte freizugeben und vernichtete vermutlich erhebliche Teile des Nachlasses. So konnte eine Rezeption seiner Werke erst in den späten 1960er-Jahren einsetzen, in größerem Umfang geschah dies erst in den 1980er-Jahren. Veröffentlicht in Wikipedia
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